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Ein Land der Entschuldigungen: Neuseeländischer Führer sucht Wiedergutmachung für staatlichen und kirchlichen Missbrauch

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Der neuseeländische Premierminister Christopher Luxon hat in einer historischen Ansprache vor dem Parlament eine bahnbrechende und tiefgreifende Entschuldigung an die Überlebenden von Missbrauch in staatlicher und kirchlicher Obhut ausgesprochen. Luxons Entschuldigung wurde als „förmlich und vorbehaltlos“ beschrieben. Sie räumte den weit verbreiteten Missbrauch, die Folter und die Vernachlässigung ein, unter denen Hunderttausende Kinder und schutzbedürftige Personen in Pflegefamilien über Jahrzehnte hinweg gelitten hätten.

Als die Opfer des Missbrauchs die Zuschauertribüne des Parlaments füllten, drückte Luxon sein tiefes Bedauern über den Schmerz und das Leid aus, das sie ertragen mussten. Er erkannte die Schwere des Missbrauchs an und stellte unmissverständlich fest, dass es nie dazu hätte kommen dürfen. Die Erklärung des Premierministers markierte einen bedeutenden Moment in der Geschichte Neuseelands: Er übernahm im Namen der Regierung die Verantwortung für den unvorstellbaren Missbrauch, dem Menschen in staatlichen Einrichtungen, Pflegeheimen und religiösen Organisationen ausgesetzt sind.

Im Juli wurde im Anschluss an die umfassendste Untersuchung, die je in Neuseeland durchgeführt wurde, ein vernichtender Bericht veröffentlicht. Darin wurde festgestellt, dass über einen Zeitraum von sieben Jahrzehnten etwa 200.000 Menschen in Pflegeheimen misshandelt wurden. Von diesem Missbrauch waren die Māori, die indigene Bevölkerung Neuseelands, überproportional betroffen. Er verdeutlichte die tief verwurzelten Ungerechtigkeiten und systemischen Versäumnisse im Gesundheitssystem des Landes.

Luxons Entschuldigung galt allen Überlebenden und war sich der tiefgreifenden Auswirkungen bewusst, die der Missbrauch auf ihr Leben hatte. Er würdigte die Rolle der Regierung bei der Veränderung ihres Lebenswegs und drückte sein Bedauern über das Versagen früherer Regierungen beim Schutz schutzbedürftiger Personen in staatlicher Obhut aus. Luxon betonte, dass die Überlebenden mit Respekt, Würde und Mitgefühl behandelt werden sollten, anstatt Vernachlässigung, Missbrauch und in manchen Fällen Folter zu ertragen.

Die Ergebnisse der sechs Jahre dauernden Untersuchung, die im Rahmen einer weltweiten Anstrengung zur Aufarbeitung historischer Missbräuche in Pflegeeinrichtungen durchgeführt wurde, wurden zu einer „nationalen Schande“ erklärt. Der Bericht deckte die alarmierende Häufigkeit von körperlichem, sexuellem, verbalem und psychischem Missbrauch auf, unter dem zwischen 1950 und 2019 fast ein Drittel aller Kinder und schutzbedürftigen Personen in staatlicher Obhut litten. Das Ausmaß des Missbrauchs, das die Untersuchung aufdeckte, machte deutlich, wie dringend nötig es ist, die Opfer zur Rechenschaft zu ziehen und ihnen Gerechtigkeit und Wiedergutmachung zu verschaffen.

Luxon bestätigte, dass sich die Regierung aktiv mit den Empfehlungen der Untersuchung auseinandersetzt und sich zu sinnvollen Reformen verpflichtet, um künftigen Schaden zu verhindern und den Schutz gefährdeter Personen zu gewährleisten. Er wurde jedoch wegen des Mangels an spezifischen Details zur finanziellen Entschädigung für Überlebende kritisiert, wie sie in der Untersuchung seit 2021 gefordert wird. Es wurden Bedenken hinsichtlich der Verzögerungen bei der Umsetzung von Entschädigungsplänen und der Notwendigkeit eines transparenten und umfassenden Entschädigungssystems zur Unterstützung der Überlebenden geäußert.

Überlebende und Fürsprecher drückten ihre Enttäuschung über das Fehlen klarer Entschädigungspläne in Luxons Entschuldigung aus und betonten, wie wichtig es sei, das Leid der Überlebenden anzuerkennen und auf ihre Bedürfnisse einzugehen. Oppositionsführer Chris Hipkins betonte, dass den Anliegen der Überlebenden höchste Priorität eingeräumt werden müsse und dass sichergestellt werden müsse, dass sie die Unterstützung und Gerechtigkeit erhalten, die sie verdienen. Er warnte vor weiteren Verzögerungen bei der Umsetzung von Wiedergutmachungsmaßnahmen und unterstrich die Verpflichtung der Regierung gegenüber den Überlebenden.

Die emotionale Wirkung der Entschuldigung war deutlich zu spüren, als die Überlebenden dem Parlament ihre Geschichten und Erfahrungen erzählten und dabei das tiefe Trauma und die langfristigen Auswirkungen der Misshandlungen, die sie erlitten hatten, hervorhoben. Tu Chapman, eine Überlebende, die sich an das Publikum wandte, drückte Gefühle der Isolation und Verzweiflung aus und forderte gleichzeitig eine stärkere Anerkennung der Erfahrungen aller Überlebenden. Keith Wiffin, ein weiterer Überlebender, betonte die verheerenden Auswirkungen des Missbrauchs auf Familien und Gemeinden und forderte sinnvolle Maßnahmen zur Bewältigung der Folgen des Missbrauchs.

Die Entschuldigung von Luxon war für die Missbrauchsopfer in Neuseeland ein wichtiger Schritt hin zur Versöhnung und Heilung und signalisierte ihr Engagement für Rechenschaftspflicht, Gerechtigkeit und Reformen innerhalb des Betreuungssystems. Während die Regierung weiterhin die Empfehlungen der Untersuchung umsetzt und auf eine Wiedergutmachung für die Überlebenden hinarbeitet, sind die Worte des Premierministers ein nachdrückliches Bekenntnis des Schmerzes und Leidens, das Generationen schutzloser Menschen in der Obhut des Staates und der Kirche ertragen mussten.

Über den Autor  /  Anna Munhoz